Der Zweikampfsport ist so alt wie die Geschichte der Menschheit. In allen Ländern der Welt gab und gibt es bestimmte Methoden der Verteidigung und des Kampfes Mann gegen Mann. Vergleicht man einige der heute noch bekannten waffenlosen Kampfarten, so kann man feststellen, dass sie sich alle in ihren Grundzügen gleichen. Da sie alle das Ziel hatten, den Gegner kampfunfähig zu machen, konnten sich nur wenige davon zu einer modernen Sportart entwickeln. Dem modernen JUDO gelang diese Entwicklung am besten.
Das Urbild des JUDO kann das traditionelle JU-JITSU des alten Japaner betrachtet werden. Auf der Basis des JU-JITSU entwickelte sich durch Überprüfung, Verfeinerung und Systematisierung sowie durch Einbeziehung pädagogischer Grundsätze das JUDO des J. KANO.
JU-JITSU, ein System von Griffen, das sich gegen schwache oder lebenswichtige Stellen des menschlichen Körpers richtet, hatte seinen Ursprung in China. Chinesische Mönche und Kaufleute zeigten Griffe, mit denen die Gegner kampfunfähig gemacht wurden. Das führte zur Gründung von Schulen in Japan, in denen diese Kunst gelehrt wurde. Die gelehrten Techniken wurden nur im kleinen Kreis weitervermittelt und blieben der Allgemeinheit unzugänglich. Hauptsächlich Schlag-, Stoss- und Hebeltechniken kamen zur Anwendung.
Der Gründer des modernen JUDO ist Jigoro KANO. Er wurde am 28. Oktober 1860 in der Hafenstadt MIKAGE bei KOBE geboren. Als er mit seiner Familie 1871 nach TOKIO übersiedelte, ging die Zeit des Jahrhunderte währenden Feudalsystems gerade zu Ende. Japan begann sich der Welt zu öffnen und übernahm voll Interesse die Fortschritte der westlichen Welt. Damit geriet JU-JITSU und anderes traditionelles Brauchtum in Vergessenheit. Von 1878 bis 1881 studierte Jigoro KANO an der Tokioter Universität die Fachrichtungen Literatur, Staatskunde sowie Ethik und Körperertüchtigungslehre. Von diesem Zeitpunkt an widmete er sich voll und ganz der Erziehung und Körperertüchtigung der japanischen Jugend. Bei seiner Suche nach einer bodenständigen Sportart, die zur Körperertüchtigung der Jugend verwendet werden könnte, stieß er durch den Hinweis des deutschen Professors für Medizin an der kaiserlichen Universität Tokio, Dr. BAELZ, auf Vertreter des JU-JITSU. Nach Beendigung seiner Universitätsstudien übernahm J. MANG eine Stelle als Erzieher an der PEERS-SCHOOL für die Fächer Politik und Wirtschaft und widmete sich in seiner Freizeit dem Studium des JU-JITSU. Im Jahre 1882 gründete er im Tempel EISHOJI sein erstes DOJO, dem er den Namen KODOKAN gab. Das sich daraus entwickelnde Sportinstitut ist heute noch eines der Weltzentren des JUDO-Sportes.
Hier gelang es ihm, lehrend und lernend, gemeinsam mit seinen Schülern durch Systematisierung und Auswahl der besten Techniken eine Form der Körperertüchtigung zu schaffen, die sowohl traditionelle Bewegungsformen als auch pädagogische Grundsätze in sich vereinigte. Durch diese Bemühungen um die Körpererziehung der japanischen Jugend wurde ihm die Ehrung zuteil, zum Präsidenten des JAPANISCHEN OLYMPISCHEN COMITEES im Jahr 1912 gewählt zu werden.
In der Folge bemühte er sich, dem JUDO weltweit Geltung zu verschalten. J. KANO reiste mit seiner Methode durch die USA und Europa, wobei er 1933 auch Österreich besuchte. Seinen größten Wunsch, JIJDO als OLYMPISCHE DISZIPLIN auf dem Programm der für 1940 geplanten Spiele in Tokio zu erleben, konnte er nicht mehr verwirklichen. Er starb am 14. Mai 1938 auf der Heimreise vom Olympischen Kongress in Ägypten an Bord des Schiffes Hikawamaru, und so blieb es ihm erspart, mitzuerleben, wie die zur Durchführung in Tokio vorgesehenen Olympischen Spiele 1940 dem 2. Weltkrieg zum Opfer fielen.
Die eigentliche Entwicklung des JUDO zur weltweit ausgeübten Sportart begann aber erst nach dem 2. Weltkrieg. Viel hat zu dieser Entwicklung beigetragen, dass seit dem Jahr 1956 regelmäßig Weltmeisterschaften durchgeführt werden. Die größte Anerkennung wurde dem JUDO-Sport jedoch zuteil, als er, ab den Spielen von München 1972, zur ständigen Olympiadisziplin erklärt wurde.
Die Entwicklung des JUDO in Europa wurde in den Anfängen maßgeblich von zwei JUDO-Zentren beeinflusst. Es waren dies der von G. KOIZUMI in LONDON geleitete BUDOKWAI und die Schule von M. KAWAISHI in PARIS. Große Bedeutung für die Popularisierung des JUDO in Europa hatten auch die sportlichen Erfolge des Holländers Anton GEESINK, dessen JUDO Basismethode 1972 vom Ö.J.V. übernommen wurde.
Obwohl bereits in den Zwanzigerjahren unseres Jahrhunderts die ersten JU-JITSU Vereine den Trainingsbetrieb aufnahmen, dauerte es doch bis nach dem 2. Weltkrieg, dass JUDO auch in Österreich richtig Fuß fassen konnte. Erst mit der Schaffung des ÖSTERREICHISCHEN AMATEUR JUDO VERBANDES 1948, begann die rasante Entwicklung der JUDO-Bewegung, die in Los Angeles mit der Erringung der OLYMPIA-GOLDMEDAILLE durch Peter SEISENBACHER und der zweiten Olympia-Goldmedaille 1988 in Seoul sowie der Silbermedaille von Claudia Heill in Athen 2004 und Ludwig Paischer 2008 besondere Höhepunkte erreicht hat.